24 Prozent weniger SGB-Mittel

Während sich die Branche für neue Finanzierungsinstrumente stark macht, verzeichnet der Ausgleich für die Schwerbehindertenfreifahrt einen massiven Rückgang, zumindest in Nordrhein-Westfalen. Die Verkehrsunternehmen dort müssen einen von 120,1 auf 92 Mio. EUR zurückgeführten Etatansatz verkraften. Die VDV-Landesgruppe fordert vom Gesetzgeber eine Reform der Pauschale. Rückenwind könnte ihr ein Gerichtsverfahren geben. Auch Verbünde und Stadtkämmerer schauen auf das OVG Münster.

Schwerbehinderte im Besitz einer kostenpflichtigen Wertmarke müssen von Nahverkehrsunternehmen kostenfrei befördert werden. Das verlangt der Gesetzgeber. Allerdings gewährt er im Gegenzug auch einen Ausgleich, geregelt im Sozialgesetzbuch (§ 145 ff. SGB IX).

In Nordrhein-Westfalen waren dafür im Haushalt des Sozialministeriums (das jetzt, unter Schwarz-Gelb, als MAGS firmiert, zuvor, unter Rot-Grün, aber MAIS hieß) einmal 120,1 Mio. EUR angesetzt. In drei Jahren wurde der Haushaltstitel um knapp ein Viertel auf 92,0 Mio. EUR zurückgefahren. „Ein großes Thema für unsere Mitglieder“, sagt Volker Wente von der Landesgruppe NRW des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

Hintergrund ist die rigidere Prüfung von betriebsindividuellen Anträgen, die den üblichen Pauschalausgleich aufstocken sollen. Was eigentlich als Ausnahme gedacht war, entwickelte sich in NRW aber zum Regelfall, wie das Ministerium gegenüber dem Haushaltsausschuss des Landtags verdeutlichte. Das Haus schaut nun genauer hin. „Wiederholte und systematische Beobachtungen der Verkehrserhebungen“ hat man durchgeführt und dabei deutliche Mängel festgestellt. Im Ergebnis wurden viele Individualanträge auf die Pauschale zusammengestrichen: Der Mittelbedarf wurde „deutlich verringert“. Viele betroffene Unternehmen haben den Kürzungen jedoch widersprochen. Waren im letzten Herbst vor den Verwaltungsgerichten erst 19 Klagen anhängig, so ist die Zahl laut MAIS-Sprecher Walter Godenschweger inzwischen auf 25 angestiegen. In der Regel hat die erste Instanz die Kürzung des betriebsindividuellen Anspruchs bestätigt. Wegen Missachtung der hohen Anforderungen, die an die Verkehrserhebungen geknüpft sind. Unter anderem müssen repräsentative Stichproben erfolgen. Dabei wiederum müssen die Fahrscheine aller Fahrgäste im Fahrzeug erfasst werden. Die Kontrolleure dürfen sich nicht mit einem Blick auf den Schwerbehindertenausweis begnügen, sondern müssen auf die Wertmarke achten.

„Einzelne Verkehrsunternehmen fallen – nicht selten auch wiederholt – durch Verkehrszählungen auf, die von schlechter Qualität sind“, betont MAIS-Sprecher Godenschweger gegenüber dem „NaNa-Brief“. VDV-Landesgruppengeschäftsführer Wente macht für die Fehlerquote nicht zuletzt unpraktikable Anforderungen verantwortlich. Er äußert aber auch Kritik an den verdeckten Kontrollen der Kontrolleure durch die MAIS-Prüfer.

Während von den Verkehrsunternehmen ein repräsentativer Nachweis verlangt werde, genügten dem MAIS umgekehrt schon einzelne Stichproben, um einen kompletten Antrag zu kippen. Wente ist außerdem der Auffassung, dass das MAIS die Verkehrsunternehmen nicht erst viele Monate später über das Ergebnis seiner eigenen Kontrollen aufklären dürfe. (msa/NaNa Brief)

Den gesamten Beitrag lesen Abonnenten im NaNa Brief 38/17 vom 19.09.2017.

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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