Branche steht vor einer Revolution

Das belegt den hohen Informationsbedarf bei Kernthemen wie Vertrieb und Regulierung. Ein Bericht vom Deutschen Mobilitätskongress und dem ÖPNV-Kongress des WBO.

Die BAG-SPNV zählte auf ihrer Wettbewerbstagung Anfang März erstmals über 300 Teilnehmer, wie Verbandspräsident Thomas Geyer zum Auftakt bekanntgab. Die Abendveranstaltung war sogar überbucht.

Auch bei „Bus 4.0“ blickte BDO-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard auf bestens gefüllte Reihen. Nun verzeichnete die DVWG für ihren Deutschen Mobilitätskongress am 18. und 19. April in Frankfurt eine noch nie erreichte Resonanz. Mehr als 200 Namen führte die in den Tagungsunterlagen enthaltene Teilnehmerliste auf.

Und auch beim ÖPNV-Kongress des WBO konnten der Vorsitzende Klaus-Dieter Sedelmeier und WBO-Geschäftsführer Witgar Weber am vergangenen Donnerstag mehr als 250 Experten und Interessierte
begrüßen. Es besteht also offensichtlich ein hohes Bedürfnis nach Orientierung, Aufklärung und Austausch. Kein
Wunder eigentlich, steht die Branche doch vor einer „Revolution“, und das gleich zweifach.

Da ist zum einen die Umwälzung im Vertrieb. Und da ist zum anderen die Umwälzung in der Regulierung. Im SPNV hat die Branche die Marktöffnung an sich bereits „gelernt“. Aber jetzt geht es um weitere Wertschöpfungsbestandteile, etwa den Vertrieb. Und es geht zunehmend um Wettbewerb im ÖPNV. Und zwar auch im kommunalen ÖPNV. Aus Anlass „der aktuellen, dramatischen Ereignisse in Pforzheim, aber auch Hildesheim usw.“ veranstaltet die Verdi-Bildungs- und Beratungsgesellschaft (Verdi B+B) daher kurzfristig am 23./24. Mai in Bad Soden-Salmünster eine Fachtagung für Betriebs- und Personalräte in Nahverkehrsunternehmen. .......

Dass es Spitze auf Knopf steht, hat vor dem WBO-Kongress auch Professor Holger Zuck deutlich gemacht. Einen Burgfrieden gibt es nicht mehr, lautet seine Analyse. Jede Genehmigung kann – und wird zunehmend auch – von Wettbewerbern angefochten.

Dass Gegenanträge zu eigenwirtschaftlichen Anträgen gestellt werden, dass benachbarte Verkehrsunternehmen, Subunternehmer oder Gebietsfremde auf die europaweite Ankündigung von kommunalen Direktvergaben reagieren und es nun eigenwirtschaftlich versuchen wollen – dieses Risiko ist inzwischen, die Initiative von Verdi B+B belegt es, breit bekannt. Nun aber kommt es auch zu „gemeinwirtschaftlichen Gegenanträgen“, wie Zuck berichtete. So hat der Landkreis Böblingen jüngst eine Direktvergabe eines Kleinauftrages bekanntgemacht. Nun ist dazu ein Gegenantrag eingegangen. Ein Wettbewerber will dieselbe Leistung, aber für weniger Zuschuss erbringen.

Zuck ist überzeugt: Gerade für Kommunen in der Haushaltssicherung wird es sehr schwer sein, solche Gegenanträge zu ignorieren. Sein Fazit: Im Grunde ist jede Busgenehmigung bedroht, egal ob privat, staatlich oder kommunal. Allenfalls integrierte Bus-/Trambetriebe können sich nach seiner Einschätzung noch einigermaßen sicher wähnen, da dort ein Betriebsübergang von Produktionsmitteln erfolgen müsse, das Tarifniveau der Altbeschäftigten daher nach BGB gesichert sei und demzufolge für einen Angreifer ein zentraler Kostenvorteil wegfalle. .......

Eine Revolution oder Umwälzung erkannten auch die Teilnehmer des gut besuchten Forums „Innovationen im ÖPNV“ auf dem deutschen Mobilitätskongress. RMV-Chef Knut Ringat stellte hier zusammen mit seinen Mitarbeitern Susanne Bieling und Thomas Kern den neuen E-Smart-Tarif des Verkehrsverbundes vor. „Wir erleben zunehmend, dass Branchenfremde unseren Vertrieb übernehmen“, rüttelte Ringat seine Zuhörer wach. (NaNa Brief / msa)

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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