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EU-Kommission zitiert Deutschland wegen DB-Holdingstruktur vor EuGH – Hohes Risiko.

Deutschland geht ein hohes Risiko ein, indem die Bundesregierung im laufenden
Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Umsetzung des 1. Eisenbahnpakets die Entscheidung über die Organisation der Deutschen Bahn dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) überlässt. Davon sind mit der Sache vertraute Kreise in Brüssel überzeugt. Während die meisten Mitgliedstaaten versucht hätten, im Dialog mit der EU-Kommission nach Lösungen zu suchen, habe sich Deutschland stets geweigert, das nationale Recht zu ändern, erfuhr das „ÖPNV aktuell“-Schwesterblatt „Rail Business“. Diese „Beton-Strategie“ habe weit reichende Folgen: So sei nicht auszuschließen, dass die Richter das Holding-Modell verbieten würden. Außerdem sei gegen den EuGHUrteilsspruch kein Einspruch möglich.
Die Kommission hält das deutsche Modell für unvereinbar mit EU-Recht. Nirgendwo sonst in der EU sei die Abhängigkeit des Infrastrukturbetreibers von der Holding und ihren Transportunternehmen so offensichtlich wie in Deutschland, verlautete aus Kommissionskreisen. Kritisiert wird insbesondere der Gewinnabführungsvertrag. Zudem sei ein Personalaustausch zwischen Holding und DB Netz per Gesetz nicht ausgeschlossen. Unter den 13 Ländern, gegen die Klage erhoben wurde, haben insbesondere Spanien und Luxemburg Anstrengungen unternommen, auf die Beanstandungen der Kommission einzugehen. Letztlich wurden diese aber von der EU-Behörde als unzureichend angesehen. So hat Spanien die Zugangsbeschränkungen für ausländische Schienengüterverkehrsunternehmen zur spanischen Infrastruktur sowie die Einmischung des Staates in das Management der Nationalbahn aufgehoben. Ungelöst bleibt jedoch die mangelnde Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde. Zudem fehlt es immer noch an einem Anreizsystem, um Betriebsstörungen zu vermeiden und die Leistungsfähigkeit des Netzes zu erhöhen. Auf diese beiden Kritikpunkte ist Luxemburg wiederum eingegangen. Außerdem verfügt die nationale luxemburgische Regulierungsbehörde jetzt über ausreichende Befugnisse zur Marktbeobachtung sowie zur Durchsetzung von Entscheidungen. Jedoch werden wesentliche Aufgaben, zu denen beispielsweise die Nutzung von Versorgungseinrichtungen und Rangierbahnhöfen zählt, weiterhin von der Nationalbahn erbracht. Deshalb muss sich Luxemburg trotz aller Anstrengungen vor dem EuGH rechtfertigen. Ähnlich wie in  Deutschland hat sich auch in Frankreich wenig getan. Beanstandet werden weiterhin unzureichende Befugnisse und mangelnde Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde. Wesentliche Aufgaben werden durch die SNCF erbracht und die Preisbildung erfolgt nicht durch den Infrastrukturbetreiber RFF. Zudem fehlt es an Anreizsystemen zur Kostensenkung und Leistungssteigerung.

Artikel Redaktion Bus&Bahn
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