Dirigent gesucht für Deutschland(im)Takt

Aber soll DB Fernverkehr deswegen gleich den Hut an einen staatlichen Besteller abgeben? Umgekehrt: Können die Aufgabenträger auf die neuen eigenwirtschaftlichen Initiativen der DB bauen, ohne dass sie durch „verbindliche Zusagen“ unterfüttert wurden? Machen langfristig geplante Trassenvergaben Sinn, wenn man den Güterverkehr ausklammert? Kommt am Ende gar die alte Staatsbahn wieder? Viel Zündstoff also auf den 11. Berliner Bahngesprächen. Der VMK-Vorsitzende Pegel ist gegen eine Revolution, erwartet aber eine Institutionalisierung des Dialogs.

Die neue Chefin von DB Fernverkehr war gewarnt. Ein Auftritt bei der BAG-SPNV würde zum Gang in die Höhle des Löwen geraten, hatte man ihr in der Konzernzentrale geweissagt.
So schlimm kam es aber gar nicht, wie die Managerin selbst bekundete. Denn Verbandspräsident Thomas Geyer hatte zum Auftakt der „11. Berliner Bahngespräche“ am 14. Oktober versprochen, dass das staatliche  Verkehrsunternehmen an diesem Abend lediglich unter „besonderer Beobachtung“ stehen werde.

„Deutschlandtakt oder Deutschland im Takt“, diese Frage hatte der Verband zur Diskussion gestellt. Das sei weitaus „mehr als eine semantische Spielerei“, hatte Geyer eingangs angekündigt.

Im Kern geht es nämlich um die Frage: Wer trägt die Verantwortung für ein modernes, flächendeckendes Angebot im Personenfernverkehr auf der Schiene, finanziell wie organisatorisch?

Soll es ein „Deutschlandtakt“ werden, wie die BAG-SPNV seit Jahren fordert? Dabei werden die Nahverkehrsbesteller von einigen Landesverkehrsministerien unterstützt, aber auch Verbänden wie Mofair. Dieses Organisationsmodell würde den Schwenk in die Gemeinwirtschaftlichkeit bedeuten, womöglich auch eine neue Aufgabenträgerorganisation, getragen von Bund, Ländern und kommunalen Zweckverbänden.
Ein solches Modell hat BAG-SPNV-Vize Bernhard Wewers noch vor wenigen Jahren präferiert. Jetzt, so bekannte der Nah-SH-Chef auf dem Podium, ist es für ihn kaum noch vorstellbar. Auch deswegen steht er dem neuen DB-Fernverkehr offen, zugleich aber konstruktiv-kritisch gegenüber.

Denn die von der DB versprochene massive Angebotsausweitung unter dem Titel „Deutschland im Takt“ hat auch den Charme, dass es eigenwirtschaftlich ist, die öffentliche Hand also nichts zusätzlich kosten soll.

Zumindest theoretisch. Denn Birgit Bohle hat in Berlin auch für neue Partnerschaften mit den SPNV-Aufgabenträgern geworben, insbesondere Tarifintegrationen. Dabei werden RegMittel zu DB Fernverkehr gelenkt, als Ausgleichsmittel für die Anerkennung von Fahrscheinen des Nahverkehrs.

Die Wettbewerbsbahnen stehen diesem Szenario skeptisch bis ablehnend gegenüber. Denn ihr Markt wird kleiner: Wo bislang bestellt RE-Linien verkehren, könnten fürderhin IC-Linien verkehren, als eigenwirtschaftlich deklariert und damit dem Wettbewerb entzogen werden, obwohl sie de facto nur dank staatlicher Ausgleichsmittel wirtschaftlich tragbar sind.

Bei der Tagung in der Landesvertretung Schleswig-Holstein erinnerte der Hausherr, Staatssekretär Ralph Müller-Beck (SPD), an die Aufgabe des Staates, „das Land zusammenzuhalten“. Beispielsweise dürften Ost und West nicht auseinanderdriften. Der neue DB-Fernverkehr könne dafür ein gutes, weil kunden- und bürgerorientiertes Mittel sein.

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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