Frankreich: Busmarkt ist liberalisiert – Die neue Freiheit gilt nur für Busse mit EUR-Norm V oder besser

Der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron erhofft sich von der Liberalisierung Zehntausende neue Arbeitsplätze und niedrige Fahrpreise auch für den armen Teil der Bevölkerung. Stichtag ist die Veröffentlichung des Gesetzes für Wachstum, wirtschaftliche Aktivität und Chancengleichheit (LOI n° 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l‘activité et l‘égalité des chances économiques, Macron-Gesetz). Danach können Fernbusse Strecken über 100 km bedienen. Die Durchführungsbestimmungen werden allerdings erst in den nächsten Tagen veröffentlicht.

Bisher galt auf innerfranzösischen Relationen die Einschränkung, dass Fahrgäste innerhalb Frankreichs nur im Rahmen einer internationalen Buslinie befördert werden durften, wenn mindestens 50 % der Fahrgäste ins Ausland fuhren. Durch die Fernbusliberalisierung ist nun auch die Beförderung auf nationalen Buslinien erlaubt, sofern die Haltestellen mindestens 100 km voneinander entfernt liegen. Für kürzere Strecken muss eine Ausnahmegenehmigung
beantragt werden. Hier gibt es noch eine kleine Verzögerung, denn zuvor muss die bisherige Regulierungsbehörde für Eisenbahnbetrieb ARAF (L‘autorité de régulation des activités ferroviaires) die zusätzlichen Aufgaben der Überwachung des Straßenverkehrs und der Autobahnkonzessionen übertragen bekommt, damit die neue, erweiterte Regulierungsbehörde für Bahn- und Straßenbetrieb ARAFER (L‘autorité de régulation des activités ferroviaires et routières) ihre Arbeit aufnehmen kann. Das Gesetz sieht vor, dass die neuen Bestimmungen „spätestens am ersten Tag des dritten Monats nach der Verkündung“ gelten sollen. Die neue Behörde muss überprüfen, ob Buslinien unter 100 km mit den von staatlichen Stellen organisierten öffentlichen Verkehren wie TER und vertraglich organisierten Bussen in Einklang stehen und diese nicht wirtschaftlich schädigen.

Heute werden nur etwa 15 % des öffentlichen Verkehrs in Frankreich mit dem Bus abgewickelt. Bis 2016 erwartet das Wirtschaftsministeriums rund 200 neue Linien, die den Anteil auf 20 % steigern sollen. Dies soll zu einer signifikanten Reduktion der Schadstoffemissionen beitragen: ein Bus mit acht Personen ist weniger umweltbelastend als ein Einzelfahrzeug mit zwei Menschen, heißt es im Ministerium. Nur Busse entsprechend den EURNormen V und VI werden gemäß dem Gesetz von der Liberalisierung des Busverkehrs profitieren. „Die Verwendung von älteren, weniger effizienten Fahrzeugen für die Umwelt wird
verboten. Nach dem 31. Dezember 2017 müssen alle Fahrzeuge die EUR-Norm VI erfüllen.“

Unternehmen wie der Flixbus, Isilines (Transdev), ID Bus, Megabus oder Starshipper stehen jetzt in den Startpositionen. Die Rede ist von Fahrpreisen wie Paris – Tours für 5 EUR oder Paris – Lille für 9 EUR. „Bis Ende Dezember werden wir 15 neue Strecken eröffnen“, bestätigte Joel Arcondeguy von Starshipper gegenüber TF1. Die Linien Bordeaux – Baskenland, Bordeaux – Lyon und Rennes – Bordeaux sollen schon Ende August/Anfang September den Betrieb aufnehmen. Für Fahrten, die aus dem Ausland nach Frankreich geführt werden, entfallen nun auch die Einschränkungen der Kabotage. Dies betrifft insbesondere den deutschen Flixbus oder den britischen Megabus, aber auch den SNCF-Abkömmling Idbus.

„Wir rechnen in nächster Zeit mit einem sprunghaften Anstieg der Buslinien in Frankreich, da die Fernbus-Anbieter oberhalb der 100 km-Grenze sofort loslegen können“, sagte Martin Rammensee, Geschäftsführer von der Fernbus-Suchmaschine busliniensuche.de, in einer Pressemitteilung. Er rechnet im Oktober mit den ersten Kurzstrecken, sobald die ARAFER nach einer zweimonatigen Bearbeitungszeit die ersten Anträge auf Kurzstrecken bewilligt hat. Laut Rammensee teilt sich augenblicklich der Fernbusmarkt in Frankreich wie folgt auf: EURlines/Isilines (59,6 %), Starshipper.com (22,7 %), Alsa (13,9 %), Idbus (1,9 %), megabus.com (1,2 %) und FlixBus (0,7 %). Dabei betreibt Transdev unter der Marke Isilines seit Juli 2015 bereits einen, aufgrund der Gesetzeslange noch „unregelmäßigen“, nationalen Linienverkehr. Laut Transdev
sollen weitere 40 Linien folgen. Megabus.com hat laut Rammensee ebenfalls neue Linien angekündigt und wird voraussichtlich die existierenden, internationalen Buslinien in Frankreich öffnen. Auch Idbus plant, bis September 2015 80 weitere Busse auf die Straße zu bringen. Schließlich will auch FlixBus, Marktführer in Deutschland, sein Streckennetz in Frankreich ausbauen und ist seit 2015 mit aktuell drei innerfranzösischen Relationen in Frankreich vertreten.

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
Artikel Redaktion Bus&Bahn