Nach EuGH-Urteil: Inhouse-Voraussetzungen erforderlich

Das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. März 2019 zur Direktvergabe von ÖPNV-Aufträgen kann weitreichende Folgen für Stadtwerke und Verkehrsunternehmen haben.

Dies arbeiteten die circa 40 Teilnehmer des Seminars der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, das in Zusammenarbeit mit den Nahverkehrs-Nachrichten (NaNa) organisiert wurde, am 7. Mai 2019 in Düsseldorf heraus.

Für Direktvergaben an kommunale Verkehrsunternehmen gilt – anders als bisher mehrheitlich angenommen – das Vergaberecht, nicht die EU-Verordnung 1370/2007. Entscheidend ist, dass Verkehrsunternehmen Inhouse-fähig sein müssen. Dafür dürfen Private nicht beteiligt sein und das Verkehrsunternehmen darf maximal 20 Prozent seines Umsatzes mit Dritten erwirtschaften. Die Drittumsätze können im Parkhausbetrieb, in Fahrradverleihsystemen, oder weiteren Tätigkeiten des Unternehmens liegen, bei Einheitsunternehmen auch im Verkauf von Strom und Gas.

Auch bei Stadtwerke-Konzernen sind nach Auffassung der Kanzlei die Voraussetzungen sehr genau zu prüfen. Selbst wenn das Verkehrsunternehmen eine eigenständige Gesellschaft ist, sind ihm unter Umständen die schädlichen Umsätze verbundener Konzerngesellschaften zuzurechnen. Dies gilt besonders für Konzerne, die verschiedene Aufgaben zentralisiert haben (zum Beispiel Cash-Pool, zentrale Verwaltung und IT). „Durch die enge Verflechtung zwischen einzelnen Gesellschaften eines Stadtwerke-Konzerns besteht das Risiko, dass diese Umsätze einheitlich betrachtet werden und so das Verkehrsunternehmen die nötigen Anforderungen nicht mehr erfüllt“, erläuterte Dr. Ute Jasper, die das Seminar gemeinsam mit ihren Kollegen Dr. Christopher Marx und Dr. Laurence Westen leitete.

Die rechtssichere Direktvergabe ist auch Voraussetzung für eine Finanzierung des Verkehrsunternehmens. Uwe Brocke, ÖPNV-Experte der Deutschen Leasing für Sparkassen und Mittelstand GmbH, brachte es auf den Punkt: „Eine bestandssichere Direktvergabe nach EU VO 1370/2007 als auch eine zukünftige rechtssichere Inhouse-Vergabe nach GWB dienen nicht nur dem Selbstzweck, sondern sind auch eine wesentliche Voraussetzung für einen positiven Gremienbeschluss für die Finanzierung von Bussen oder Straßenbahnen bei kommunalen oder kommunalnahen Verkehrsunternehmen.“ Die rege Diskussion der Teilnehmer hat gezeigt, dass nach dem Grundsatzurteil bei Stadtwerke-Konzernen und Verkehrsunternehmen in der Vorbereitung von Direktvergaben durchaus noch Fragen zu klären sind. (mb)

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
Artikel Redaktion Bus&Bahn