BGH: Verkehrsunternehmen im ÖPNV sind Teil der Daseinsvorsorge, seine Mitarbeiter daher Amtsträger

In der Revision eines Strafprozesses hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Beispiel der Düsseldorfer Rheinbahn bemerkenswerte Feststellungen zur Rolle des ÖPNV getroffen. Sie könnten der PBefG-Debatte zum Spannungsfeld "Kommunal vs. Privat" weitere Impulse geben.

"Der öffentliche Personennahverkehr in Düsseldorf unterfällt der Daseinsvorsorge, die nach gefestigter Rechtsprechung eine öffentliche Aufgabe darstellt", heißt es in dem Urteil. Der ÖPNV als staatliche Aufgabe: Dies ergibt sich laut BGH aus Bundes- wie aus Landesgesetzen, etwa aus § 1 Regionalisierungsgesetz (RegG) oder dem ÖPNV-Gesetz NRW.

Laut BGH nehmen nicht nur Genehmigungsbehörden und Aufgabenträger "Aufgaben öffentlicher Verwaltung" wahr, sondern auch die Verkehrsunternehmen. Dass diese Fahrscheine verkaufen einnehmen, mithin "wirtschaftlicheigennützig" handeln, stehe dem nicht entgegen. Sogar Hilfsgeschäfte wie die Vermarktung von Werbeflächen stünden im Dienst der Daseinsvorsorge, wenn dadurch ein Beitrag zu einem kostengünstigen Nahverkehr geleistet werde. Diese Einschätzung leitet der BGH zum einen aus der staatlichen Definitionsmacht in der Daseinsvorsorge ab. Danach dürfe der Staat Nahverkehr beispielsweise in privatwirtschaftlicher Form organisieren. Allgemeinwohl und Gewinnerzielungsabsicht schlössen sich keineswegs aus. Zum anderen verweist der BGH auf die gesetzliche Definition des "Amtsträgers": Diese Funktion habe ein jeder, der im Auftrag einer Behörde (zum Beispiel eines ÖPNV-Aufgabenträgers) "Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt" (Randziffer 16). Bei Vorliegen eines ÖDA, also eines öffentlichrechtlichen Vertrages, ist laut Urteilsbegründung "in jedem Fall von der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe auszugehen".

Einen gesellschaftsrechtlich verankerten Einfluss der öffentlichen Hand auf die laufenden Geschäfte und Einzelentscheidungen des Verkehrsunternehmens hält der BGH offensichtlich nicht immer für erforderlich. Doch wird diese Frage nicht ausgeurteilt. Denn im vorliegenden Fall hielt der BGH die Gleichstellung der Rheinbahn mit einer Behörde für "gerechtfertigt". In der Rechtsliteratur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass Verkehrsunternehmen nur die Rolle des unternehmerisch kalkulierenden Wettbewerbsteilnehmers ausfüllen und daher strafrechtlich nicht der Behördensphäre zugeordnet werden könnten. Dieser Auffassung ist laut BGH aber "nicht zu folgen".
Der Bundesgerichtshof wies im Zusammenhang dieser Revision auch auf wiederholte Entscheidungen hin, wonach "die als Wirtschaftsunternehmen geführten Nachfolgegesellschaften der Deutschen Bundesbahn auch nach der Bahnreform eine öffentliche Aufgabe auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge erfüllen". (msa/NaNa Brief)

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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