Mittelstandskooperation gewinnt 6 Mio. Nkm

Nach dem Verlust des nunmehr dritten saarländischen Landkreises steht der Noch-Marktführer vor „schwierigen Anpassungen“. Während der Betriebsrat schon die Abwicklung an die Wand malt, sichert SPBChef Ehmann zu, bestehende Betriebspflichten bis zuletzt zu erfüllen. Die DB-Hoffnung auf Ausgleich durch bislang kommunale Verkehre wird derweil kleiner und kleiner. Beim BDO freut man sich über den Erfolg der eigenen Klientel.

Die ÖPNV-Ausschreibung im Saar-Pfalz-Kreis (Homburg) ist entschieden: Der Zuschlag für die Bündel ist Anfang der vergangenen Woche an Saar-Mobil ergangen, wie Geschäftsführer Arne Bach gegenüber der Redaktion bestätigte. Eine kurze Vergabeprüfung eines Mitbewerbers war schnell entkräftet, fügte er hinzu.

Mit den Bündeln 1 bis 3 gehen der Norden und Westen des Kreisgebietes nun vom Altbetreiber SPB auf den Mittelstand über, ebenso der Stadtverkehr in St. Ingbert („Ingobus“) sowie zwei Regionallinien in Nachbarkreise.

Dem Vernehmen nach lagen drei Angebote vor: Neben dem siegreichen Angebot von Saar-Mobil das der DBWettbewerbstochter SPM sowie ein Angebot von Rhenus Veniro VGZ. Diese drei Bewerber hatten bereits um die drei Bündel im Landkreis St. Wendel konkurriert (ÖPNV aktuell 21,22/15).

Mit den Zuschlägen im Saar-Pfalz-Kreis und in St. Wendel verfügt Saar-Mobil nun über ein Auftragsbuch von insgesamt 6 Mio. Nkm/a. „Wir bereiten uns darauf vor, ab Anfang 2016 etwa 130 Busse im Einsatz zu haben und damit ein wichtiges Mitglied im Saar-VV zu sein“, kündigte Bach an. Beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) ist man hochbefriedigt über den Erfolg der Mittelstandskooperation. Die Spitzenorganisation wirbt bei der Basis verstärkt darum, alte Ressentiments über Bord zu werfen und sich gemeinsam der neuen Wettbewerbsrealität zu stellen.

Eigens hat der BDO seinen ersten „Unternehmerworkshop“ unter das Motto gestellt: „Mittelstand im Wettbewerb – Kooperationen als Garant für Erfolg“. Um juristische und betriebswirtschaftliche Aspekte soll es bei der Auftaktveranstaltung am 9. September in Berlin – trotz aller Unsicherheiten in diesen Fragen – nur am Rande gehen. „Ziel der Veranstaltungsreihe soll vielmehr sein, in einen persönlichen Austausch zu treten und so von den positiven wie negativen Erfahrungen der Kollegen … zu lernen“, formuliert Pressesprecher Matthias Schröter.

Saar-Mobil will sein großes Leistungspaket zum Teil an die Gesellschafter und andere Subunternehmer vergeben. „Wir werden aber auch einen bedeutenden Teil selbst erbringen“, sagt Geschäftsführer Bach.

Einerseits würden so die noch nicht näher spezifizierten Vorgaben der EU-Verordnung 1370/07 erfüllt. Andererseits hat die Kreisverwaltung in Homburg für die beiden Regionalverkehrsbündel achtjährige Betriebsübergänge vorgeschrieben. Zusätzlich muss im bereits einmal ausgeschriebenen „Ingobus“ den SPM-Fahrern ein Übernahmeangebot gemacht werden, bei denen ihre Betriebszugehörigkeit angerechnet wird. „Wir brauchen auch Arbeit für diese künftigen Mitarbeiter“, erläutert Bach.

Trotz der Sozialvorgaben konnte der mittelständische Gewinner die DB als „zweiten Sieger“ offenbar mit deutlichem Abstand hinter sich lassen. Der SPB-Betriebsratsvorsitzende Reiner Kolb hat von 5 % Unterschied gehört, einer auch in anderen Kreisen kursierenden Größenordnung. Kolb fürchtet nun, dass die DB ihre Altgesellschaft SPB abwickeln wird, wenn es in den nächsten Ausschreibungen nicht gelingen sollte, die Bestandsverkehre zu sichern, wie er der „Saarbrücker Zeitung“ sagte.

So weit will der Regionalleiter von DB Bus Südwest Bernhard Ehmann nicht gehen. „Wir werden unsere aus den Genehmigungen resultierenden Pflichten erfüllen“, versicherte er „ÖPNV aktuell“. „Aber klar ist auch: Saar-Pfalz-Bus steht vor sehr schwierigen Anpassungsprozessen. Entschieden  ist noch nichts.“

Der Marktführer DB Bus hat bereits Erfahrung mit (Teil-)Abwicklungen: So wurde etwa die Kasseler RKH darauf getrimmt, nur noch ihre Altverkehre zu bedienen, um dann das operative Geschäft einzustellen. Zuvor war bereits die durch den hessischen Wettbewerb stark ramponierte VU auf ihr bayerisches Verkehrsgebiet geschrumpft worden, und auch für BRN steht der Rückzug aus Rheinland-Pfalz fest, wo die VRN-Landkreise Wettbewerb forcieren.

Für die in einen Westpfälzer und einen Saarländer-Arm geteilte SPB stellt sich die Situation durchwachsen dar. Während der Quasi-Monopolist den Landkreis Pirmasens verloren geben musste, konnte er im Raum Zweibrücken und in Kreis Kusel Erfolge verbuchen. Die mittelstandsfördernde Loslimitierung kostete den verkehrsroten Konzern letzten Endes „nur“ ein Bündel, drei Teilnetze wurden hingegen wiedererrungen (ÖPNV
aktuell 13, 16/15). 

Im Saarland hingegen herrscht starker Gegenwind. Außer den Verlusten in St. Wendel und Homburg gingen bereits der Kreis Neunkirchen verloren. Dort hat sich das Kommunalunternehmen NVG in einer – wie Kritiker meinen: passgenau zugeschnittenen – Ausschreibung die SPB-Verkehre gesichert. Ein Rückgewinn scheint ausgeschlossen, denn jetzt hat der Landkreis seine Absicht kundgetan, die NVG künftig mit den Alt- wie den Neuverkehren zu betrauen.

Der Landkreis Saarlouis wiederum hat für „seine“ KVS ebenfalls eine Direktvergabe angekündigt, die SPB-Linien erwartet also auch dort Wettbewerb. Für Saar-Mobil ist die Region interessant, man hat den Zuschnitt der Direktvergabe bereits mit Verweis auf die saarländische Kommunalwirtschaftsordnung im Wirtschaftsministerium getadelt (wir berichteten).

Im Regionalverband Saarbrücken haben Mittelständler aus dem Saar-Mobil-Gesellschafterkreis SPB bereits aus einzelnen Linien verdrängt, und im Landkreis Merzig-Wadern schickt sich Schulligen an, den verkehrsroten Platzhirschen einzelne Filetstücke im Rahmen eines Genehmigungswettbewerbs abzunehmen (ÖPNV aktuell
16, 21, 23/15). Mit der Ausschreibung der R1 startet nun zudem auch der zuständige Aufgabenträger ZPS die erste Ausschreibung im Kreis Merzig-Wadern an. Bis dort aber die (bislang nicht gebündelten) SPB-Lokallinien auslaufen, gehen allerdings noch einige Jahre ins Land.

 

 

 

Unternehmen & Märkte
Artikel Redaktion Bus&Bahn
Artikel Redaktion Bus&Bahn