Gute Chancen für Reaktivierungen

Matthias Herten von SinON erläuterte Reaktivierungsmöglichkeiten und Chancen im landeseigenen Netz; Foto: Achim Uhlenhut

In Niedersachsen steigen die Chancen für die Reaktivierung einiger Bahnstrecken im Regionalverkehr. Im Museums- oder Güterbetrieb befahrene Infrastruktur bringt Vorteile.

Mit rund 50 Teilnehmern war die Jahresauftakt-Veranstaltung des niedersächsischen „Netzwerkes Reaktivierung“ in Hannover gut besucht. Vom Verkehrsaktivisten über Fahrgastvertreter und Betreiber diverser Museumsbahnen bis zu Unternehmensvertretern widmeten sie sich auf Einladung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) bereits zum neunten Mal Fragen zu Stand und Perspektiven der Wiederbelebung im Regionalverkehr. Das Interesse im Flächenstaat ist groß, ebenso die Zahl untersuchter Strecken, sowohl im Umfeld der Ballungsräume wie auch im ländlichen Raum. Ob überall auch genug Nachfrage zu generieren ist, wird derzeit bewertet. Dafür gibt es beim Land und der Landesnahverkehrsgesellschaft ein mehrstufiges Verfahren der Streckenauswahl. Nicht jede Bewertung anhand von Punktevergaben zu festen Kriterien trifft in den interessierten Kreisen auf Zustimmung. Manche Bewertungskriterien wurden schon überarbeitet, für andere ist dies gefordert. So müssten auch touristische Ziele und Radwanderer berücksichtigt werden. Zunehmend in den Fokus geraten Reaktivierungen auch, wenn sie angesichts kommender Generalsanierungen Umleitungsverkehre ermöglichen oder Fahrtalternativen bieten.

Wie viele Strecken und welche genau zur Reaktivierung anstehen, ist noch nicht entschieden. Pragmatismus und Strategie müssten zueinander passen, auch wenn es manchen Beteiligten viel zu langsam vorangeht und auch das Wort vom Überbürokratismus fiel. Einig ist man sich in der Meinung, dass ein Netz „im Zustand der 1970er- oder gar 1930er-Jahre niemanden mehr aus dem Auto herausholt“, betonte ein Teilnehmer. Manchmal könne schon ein zusätzlicher Halt oder an neuer Stelle viel bewirken. Von Vorteil ist, wenn Strecken wenigstens im Mindestumfang instand gehalten wurden, Museumsbahn- oder Güterverkehr auf ihnen läuft. So stehen die Chancen auch dort besonders gut, wo sich über Jahrzehnte die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE, Celle) um ihre Strecken kümmerten. Diese Infrastruktur wurde zu Jahresbeginn 2022 von der Schieneninfrastruktur Ost-Niedersachsen GmbH (SinON) übernommen, einziger Gesellschafter: das Land Niedersachsen. Jährliches Investitionsvolumen sind derzeit 15 Mio Euro. Das Interesse an Reaktivierungen ist in der SinON groß, erste Umsetzungen zeichnen sich ab. Für die Querverbindung Lüneburg–Soltau wurde bei konkurrenzfähigen 49 Minuten Fahrzeit ein Nutzen-Kosten-Faktor von 3,4 erreicht. Ende 2024 kann der Fördermittelantrag gestellt werden. (ht.)

Infrastruktur
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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