Branchenkonsens bröckelt mehr und mehr: Eigenwirtschaftliche Anträge auch gegen Wupsi

Vor kurzem erst hatte Wupsi-Vorstand Marc Kretkowski sein Haus als effizient gerühmt, dem Nachbarn Wiedenhoff dagegen öffentlich Versäumnisse bei der Restrukturierung attestiert. Wupsi hatte sich schon darauf gefreut, im Zuge der anstehenden Direktvergabe auch die Linien des Mittelständlers zu übernehmen. Nun holt Wiedenhoff zum Gegenschlag aus. Das zeugt von hohem Glauben an die eigene Effizienz, wirft aber auch Fragen nach einem starken Partner auf.

Nach Informationen der Redaktion hat eine Wiedenhoff-Filiale eigenwirtschaftliche Anträge auf alle Linien des Kraftverkehrs Wupper-Sieg (KWS) – so der offizielle Name von Wupsi – gestellt. Im Erfolgsfalle würde der Mittelständler damit das gesamte Gebiet der beiden Wupsi-Gesellschafter mit ÖPNV versorgen, also den Rheinisch-Bergischen Kreis und die Großstadt Leverkusen. Die Anträge hat eine neue „Wiedenhoff GmbH in Gründung“ gestellt – was Spekulationen nährt, ob diese Konstruktion einen wie auch immer gearteten Zusammenschluss mit der DB Bus vorbereite.

Wupsi ist ein starker Mitspieler im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) – die „Gummibahn“ ist im VRS hingegen nur marginal vertreten, mit vergleichsweise wenigen Linien des Rheinlandbusses (BVR bzw. RVE). Denn die frühere DB-Beteiligung Regionalverkehr Köln (RVK) wurde 1996 im Zuge der Bahnreform kommunalisiert, das Gewicht der DB im straßengebundenen ÖPNV damit deutlich zurechtgestutzt. „Die Anhörung zu den eigenwirtschaftlichen Anträgen einer neuen Wiedenhoff-Filiale läuft“, bestätigt Thilo Weltershoff auf Rückfrage. Gerüchte über einen angeblichen DB-Einstieg „lassen wir unkommentiert“, ergänzte der Spross der Busunternehmerfamilie, der als Assistent der Geschäftsführung im Unternehmen mitwirkt, gegenüber der Redaktion.

Der Mittelständler hat auch bestätigt, dass er Teilentbindungen für die noch bis Dezember 2016 genehmigten Verkehre beantragt hat. Betroffen seien die extrem unwirtschaftlichen Leistungen, etwa Nachtfahrten, sagte Thilo Weltershoff. Das familiengeführte Unternehmen geht davon aus, dass diese Leistungen, sofern von der Politik weiterhin gewünscht, im Wettbewerb vergeben würden; man will sich darum bemühen.

Die Verkehre sind Bestandteil einer Notvergabe, um einen Streit um die Einnahmeaufteilung im VRS zu überbrücken. Weil dieser Streit ungelöst blieb, sollten die Linien der Wupsi-Direktvergabe zugeschlagen werden,
woraufhin der Altbetreiber eigenwirtschaftliche Anträge stellte. „Wir sind hier derzeit nicht unterwegs“, erklärte DB Bus auf Anfrage zu einem Einstieg bei der Wiedenhoff GmbH i.G. „Deswegen haben wir hier derzeit auch keinen Erklärungsbedarf“, ließ Busvorstand Michael Hahn mitteilen. Bekannt ist, dass die DB sich in der Region schon verschiedentlich umgesehen hat, beispielsweise als Pannenbecker aus Düsseldorf in Richtung Insolvenz
marschierte. Das Traditionsunternehmen hatte aber kaum Aktien im ÖPNV vorzuweisen. Schlussendlich kam dort Mitte 2015 mit der Weinzierl-Filiale 02elf eine Mittelstandslösung zustande.

Die Aufgabenträger im VRS zeigen bislang wenig Neigung zur Vergabe von Leistungen im Wettbewerb. Die wenigen Familienunternehmen im VRS werfen dem Aufgabenträgerverbund vor, sie aus dem Markt drängen zu wollen. Das Instrument dazu sei die Verweigerung kostendeckender Tarife bzw. einer Allgemeinen Vorschrift (AV), heißt es seit Jahren. (msa)

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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