Gezählt, gewogen und für zu leicht befunden

Der vergangene Freitag wird sich doppelt in die DB-Annalen einschreiben: Während in Stuttgart der Grundstein für Stuttgart 21 gelegt wurde, kommunizierte der Konzern von Berlin aus den weitgehenden Ausstieg aus dem Fernbus. Minister Dobrindt „is not amused“. Das DB-Signal aber ist deutlich: „Gummi“, überhaupt Multimodalität steht zur Disposition, wenn es dem Kerngeschäft Schiene schadet. Derweil bemüht sich die DB noch einmal um den Durchbruch ihrer „smarten“ Plattform Qixxit.

Das erste Problem mit Qixxit ist der Name. Wie spricht man ihn aus? „Kixxit“, wie die Schreibung nahelegt, sagt keiner. Und für „Kwixxit“ fehlt eigentlich hinter dem Q der Buchstabe u. Und dann besteht da noch Nähe der Wort- und Bildmarke zu „Ixxi“, dem seit 2010 bestehenden RATP-Projekt für Fahrgastinformation und E-Ticketing.

Das größte Problem an Qixxit ist aber, dass die Einbindung anderer Verkehrsträger nur mühsam voranschreitet. Inzwischen hat die DB nach eigenen Angaben „mehr als 15 Verkehrsmittel“ integriert. Natürlich eigene und DB-nahe Angebote wie Flinc oder Berlin-Linienbus (BLB), dazu Stadtrad Lüneburg, Flixbus, Matzes Minibus, Avis oder Sixt. Seit neuestem sind auch Car2Go sowie die (vom Berliner Taxigewerbe entwickelte App Taxi.eu integriert. „Damit baut Qixxit sein Angebot in der lückenlosen Tür-zu-Tür-Mobilität insbesondere im innerstädtischen Bereich weiter aus“, meint die DB.

Der Konzern hat mit Ketchum eine große PR-Agentur engagiert, die sich im Wochentakt Pressemeldungen einfallen lässt, beispielsweise zur Raumpsychologie von Stoffen in Zug oder Tram. Das Ziel lautet: Qixxit soll endlich als ernstzunehmende Plattform gegen Mitbewerber, insbesondere Daimler Moovel, etabliert werden. Bei Moovel ist man längst weiter, probt unter anderem den Schulterschluss mit dem ÖPNV.

Im Verkehrsverbund Stuttgart (VRS) gibt es sogar Fahrscheine via Moovel. Qixxit kann mit Anbietern wie Google Transit kaum mithalten, meint VDV-jedenfalls Vizepräsident Knut Ringat, „zumindest so lange, wie die DB mit uns oder anderen Verbünden bzw. Verkehrsunternehmen nicht auf Augenhöhe kooperiert“. Auf der Innotrans wird er weiter für die Digitalisierung des Nahverkehrs werben, bei einem Parlamentarischen Abend und in einem Dialogforum.

Immerhin ein Erfolg für Qixxit: Die BVG weist inzwischen bei ihrer eigenen Fahrplanauskunft freundlich darauf hin, dass man für weitergehende Mobilitätsangebote wie Carsharing auf der Plattform der DB-Kollegen, sprich: bei Qixxit, recherchieren könne. Eine integrierte Plattform ist das aber noch nicht. Nicht Fisch, nicht Fleisch ist die DB auch beim Fernbus. Die Sparte schreibt hohe Verluste – hinter den Kulissen ist allein für BLB von Verlusten zwischen 12 und 15 Mio. EUR die Rede, bei Umsätzen um 28 bis 30 Mio. EUR. Das ist nicht wenig – vor allem, wenn der Verschuldungsgrad steigt und man aus Eigenmitteln in die Flotte (Stichwort ICE 4) investieren muss.

Jetzt hat die DB das BLB-Engagement also gezählt, gewogen – und für zu leicht befunden. Der Rückzug aus dem Engagement ist am Freitag verkündet worden. Den IC-Bus aber – im Markt ist er bislang nur ein marginaler Mitspieler, laut IGES mit 1 % Marktanteil, laut DB mit zuletzt 216 Mio. Pkm Verkehrsleistung – das Randphänomen IC-Bus aber will die DB weiterführen. (msa/NaNaBrief)

Den gesamten Beitrag lesen Abonnenten im NaNa Brief 36/16 vom 20.09.2016

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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