Pläne zum Netz stoßen auf Skepsis

Die DB will bei der Sanierung alle überalterten und störanfälligen Anlagen ersetzen oder verbessern; Foto: DB AG/Uwe Miethe

Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz haben Pläne für ein neues Hochleistungsnetz vorgestellt.

Hintergrund sind Zuverlässigkeits- und Qualitätsprobleme des Verkehrsträgers Schiene. Sie resultieren im Kern aus einem Kapazitäts- und Überalterungsproblem in der Infrastruktur. Das Hochleistungsnetz soll die am höchsten belasteten Schienenverbindungen in Deutschland umfassen. Diese erstrecken sich derzeit über rund zehn Prozent des Gesamtnetzes. Rund 25 Prozent aller Züge durchfahren schon derzeit dieses Netz. Zusätzlich verzeichnet es bereits ohne Bautätigkeiten eine durchschnittliche Auslastung von rund 125 Prozent. Aufgrund der prognostizierten Verkehrsentwicklung wird die Länge dieses hoch belasteten Netzes von derzeit rund 3500 km auf voraussichtlich mehr als 9000 km bis zum Ende dieses Jahrzehnts anwachsen. Nach Plänen der DB werden bei der Generalsanierung des Hochleistungsnetzes alle überalterten und störanfälligen Anlagen komplett ersetzt und verbessert. Die Generalsanierung des ersten Schienenkorridors soll 2024 starten.

Der Bundesverband Schienen- Nahverkehr (BSN) steht den Plänen von Bahn und Bund skeptisch gegenüber, denn: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, betont BSNPräsident Thomas Prechtl. „Seit Jahren fordern wir bereits, dass Netz und Station & Service ihre Baumaßnahmen aufeinander abstimmen sollen. Fehlende Koordination und unterschiedliches Anlagenalter darf nicht zu mehrfachen Baustellenphasen führen. Was soll also neu sein an den vorgelegten Plänen? Die Ankündigungen von Besserung hören wir jedes Jahr aufs Neue. Doch die strukturellen Defizite werden nicht abgebaut.“ Nur wenn mit den angekündigten Sanierungsmaßnahmen auch gleichzeitig ETCS in Verbindung mit der fahrzeugseitigen Ausrüstung mit Onboard-Units umgesetzt werde, habe das Konzept einen Mehrwert.

BSN-Hauptgeschäftsführer Frank Zerban ergänzt: „Mit Blick auf die bisherigen zeitlichen Vorläufe für Großbaustellen und die fehlende Finanzierung haben wir jedoch erhebliche Zweifel daran, dass sich mit den vorgelegten Plänen wirklich etwas substanziell verändern wird.“ Allianz-pro-Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege erklärt: „Wir begrüßen den Ansatz, besonders stark frequentierte Schienenstrecken zu einem Hochleistungsnetz zu entwickeln.“ Allerdings sei eine Generalsanierung im Kernnetz kein Ersatz für mehr Tempo bei der Erweiterung des Netzes. Der Interessenverband Mofair stellt wie der BSN fest, dass bei der Präsentation inhaltlich kaum Neues zu hören gewesen sei. Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Das vermeintlich neue ‚radikale Bauen‘ könnten die DBInfrastrukturtöchter bereits heute praktizieren. Es ist nicht verboten, nicht voll abgeschriebene Gewerke zu erneuern, wenn eine Strecke grundsaniert werden soll. Auch Modernisierungen sind möglich. Vor allem die Gewinnorientierung der DB-Infrastrukturtöchter stehe einer Qualitätsorientierung im Weg. (mab)

Infrastruktur
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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