NRW-Rechnungshof rügt Schwerbehinderten-Erstattungsverfahren

Er rügt, dass das Erstattungsverfahren nach wie vor komplex, fehleranfällig, manipulierbar und schwer nachprüfbar sei und geändert werden müsse. Fahrgeldausfälle werden nach einem Prozentsatz der von den Verkehrsunternehmen nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen erstattet. In Nordhrein-Westfalen legt das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) den auf die Fahrgeldeinnahmen anzuwendenden Prozentsatz jährlich landeseinheitlich fest. Dieser landeseinheitliche Erstattungssatz spiegelt auf der Grund- lage statistischer Daten den Anteil freifahrtberechtigter schwerbehinderter Menschen an der Gesamtbe- völkerung in NRW wider. Die Erstattung der Fahrgeldausfälle kann aber auch nach einem betriebsindivi-duellen Prozentsatz erfolgen, der vom jeweiligen Verkehrsunternehmen durch Verkehrs- zählung (Verhältnis zwischen den unent-geltlich beförderten schwerbehinderten Fahrgästen und den übrigen Fahrgästen) nachgewiesen werden muss. Dabei war es bis 2015 möglich, dass diese Verkehrszählung auch durch das Fahrpersonal erfolgen kann.

Für das Jahr 2011 wurden laut Landesrechnungshof von den fünf Bezirksregierungen insgesamt 178 Er- stattungszahlungen mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 99,7 Mio. EUR festgesetzt. In 113 Fällen (63,5 %) wurden dabei die Festsetzungen auf der Grundlage eines betriebsindividuellen Prozentsatzes vorge- nommen. Auf diese individuellen Festsetzungen entfielen Erstattungszahlungen in Höhe von 87 Mio. EUR (87,2 % von gesamt 99,7 Mio. EUR). Im Folgejahr 2012 reduzierten sich mit einem Gesamtbetrag der Er- stattungszahlungen in Höhe von 84,2 Mio. EUR sowohl der Anteil der Festsetzungen auf der Grundlage eines betriebsindividuellen Prozentsatzes (nunmehr nur noch 100 von insgesamt 177 Fällen, also 56,5%) als auch der Anteil der hierauf entfallenden Erstattungszahlungen (nunmehr 51,2 Mio. EUR, also 60,8 %). Diese Veränderungen stehen laut LRH in Zusammenhang mit in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführten Überprüfungen einer beim MAIS eingerichteten Projektgruppe. Dabei wurden zahlreiche Erhebungsfehler festgestellt.

Der Landesrechnungshof hält deshalb Änderungen des Erstattungsverfahrens für erforderlich und regt verschiedene Maßnahmen zur Anpassung und Verbesserung an, unter anderem:
• Verkehrszählung durch Dritte auf Kosten des Verkehrsunternehmens bei betriebsindividuellem Prozent- satz: Dies ist seit 2005 möglich, denn die Länder wurden durch eine Änderung des § 148 Abs. 5 SGB IX ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Verkehrszählungen, die zum Nachweis des betriebsindividuellen Erstattungssatzes erforderlich sind, durch Dritte auf Kosten des Verkehrsunterneh- mens zu erfolgen haben.
• Die Erstattungen über die Verkehrsverbünde regeln: Laut LRH ist in § 150 Abs. 1a SGB IX ausdrücklich als Möglichkeit vorgesehen, dass Verkehrsverbünde anstelle der antrags- und erstattungsberechtigten Ver- kehrsunternehmen den Erstattungsantrag stellen, sofern die Verkehrsunternehmen hierzu ihr Einverneh- men erteilt haben. Die Verkehrsverbünde könnten die Erstattungen anschließend in einem internen Verfah- ren auf die beteiligten Verkehrsunternehmen verteilen, so der Rechnungshof. Dies würde den Verwaltungs- aufwand erheblich senken.

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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