Trübe Aussichten für Reaktivierungen

Eisfeld ist als Ausgangspunkt eines Lückenschlusses nach Oberfranken wohl aus dem Spiel. Die Thüringer Reaktivierungsstudie favorisiert stattdessen den Neubau Hildburghausen–Bad Rodach; Foto: Frank Barteld

Nach mehr als einem Jahr Arbeit hat das Thüringer Ministerium für Infrastuktur und Landwirtschaft seinen „Masterplan“ für Erhalt und Entwicklung der Schienenwege des Freistaats vorgestellt.

Dieser soll Orientierung geben für Investitionsentscheidungen in SPNV und Schienengüterverkehr bis 2030. Eingeordnet in den Masterplan sind zudem die Ergebnisse des von VCI VerkehrsConsult erarbeiteten Gutachtens „Reaktivierung von Eisenbahnstrecken in Thüringen“, das acht Verbindungen nach geschätzten Investitions- und Betriebskosten, Potenzial in Personen- und Güterverkehr sowie weiteren Kriterien untersucht hat. Im Einzelnen waren das (jeweils mit Investitionssumme und durchschnittlicher Querschnittsbelegung in Personenkilometer je Streckenkilometer): Höllentalbahn Blankenstein (Saale)–Marxgrün (38 Mio Euro, 155 Pkm/km), Kyffhäuserbahn Bretleben–Bad Frankenhausen (30 Mio Euro, 448 Pkm/km), Ohratalbahn Gotha–Gräfenroda (15 Mio Euro, 339 Pkm/km, für Gotha–Ohrdruf 497 Pkm/km), Rennsteigbahn Ilmenau–Themar (30 Mio Euro, 206 Pkm/km), Max-und-Moritz-Bahn Probstzella–Ernstthal am Rennsteig (>45 Mio Euro, 180 Pkm/km), Pfefferminzbahn Straußfurt–Sömmerda–Großheringen (6 Mio Euro, 287 Pkm/km für Straußfurt–Sömmerda), Unstrutbahn Wangen–Artern (34 Mio Euro, 171 Pkm/km).

Die Gutachter empfehlen, die Bestellung von Nahverkehrsleistungen auf der Verbindung Ohrdruf–Gotha und auf der Kyffhäuserbahn im Falle von Reaktivierungen für den Güterverkehr zu prüfen, sodann für die Pfefferminzbahn die Erweiterung des bestehenden Angebots auf den Abschnitt Sömmerda–Straußfurt. Keine Empfehlung gibt es dabei für die Wiederaufnahme nach Großheringen, auch die Durchbindung nach Jena sieht die Studie kritisch. Auf der Unstrutbahn wird die Verlängerung bis Roßleben angeregt, um die derzeitige Standzeit der Fahrzeuge in Wangen zu nutzen.

Beim Lückenschluss der Werrabahn sind zwei Korridore untersucht worden: Hildburghausen–Bad Rodach und Eisfeld–Coburg mit ersterem als Vorzugsvariante. Ermittelt wurde eine Querschnittsbelegung im SPNV von 347 Pkm/km auf dem Neubauabschnitt, „ein immer noch ansprechendes Potenzial“. Zwar ließe sich die Relation Eisenach–Coburg gut in den Deutschlandtakt einfügen und habe als länderübergreifende Verbindung hohe verkehrspolitische Bedeutung, doch mag sich das Gutachten an dieser Stelle angesichts der Investition von mindestens 66 Mio Euro nicht festlegen. Thüringen will die Ergebnisse mit Bayern auswerten und dann weiter prüfen, ob ein Lückenschluss der Werrabahn realistisch ist.

Thüringens „Masterplan“ setzt klar Erhalt und Ausbau – insbesondere Elektrifizierung, Dekarbonisierung sowie Barrierefreiheit – an die erste Stelle und sieht Neubauprojekte und Reaktivierungen als nachrangig an. Dementsprechend enttäuscht die Reaktivierungsstudie viele hochgesteckte Erwartungen. Vielmehr wird eine nüchterne – respektive ernüchternde – Analyse des Machbaren gegeben. (frb)

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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