Widersprüchliche Entscheidungen von BVerwG und FG Baden-Württemberg zu Nachfrage-Bündlern

Wer über das Web Fahrgäste für seine Flughafenzubringer anwirbt, dafür auslastungsabhängige Staffelpreise anbietet und gegenüber den Fahrgästen als Vertragspartner auftritt, ist Beförderer – und daher benötigt er eine PBefG-Genehmigung.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in der Revision des Stuttgarter Web-Dolmusch entschieden – und dabei auch ausgeleuchtet, ob hier ein (Sonder-)Linienverkehr vorliegt (ÖPNV aktuell 31/15).

Das BVerwG erkannte bei dieser alternativen Bedienform aber weder alle von § 42 noch die von § 43 geforderten Merkmale. Auch ein lupenreiner Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen nach § 49 PBefG liege nicht vor. Denn dafür müssten die Fahrzeuge als Ganzes angemietet werden – hier aber wurden einzelne Sitzplätze verkauft.

In der Gesamtschau aber wurde das Angebot „als genehmigungsbedürftiger Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen eingestuft“. Dies hatten schon die Genehmigungsbehörde und die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit § 2 (6) PBefG angenommen und damit „ohne Verstoß gegen Bundesrecht“ gehandelt, meinten die Leipziger Richter.

In einem gewissen Spannungsverhältnis dazu steht eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Karlsruher Finanzgerichts (FG Baden-Württemberg). Dort hatte ein Fahrtenmittler ohne eigene PBefG-Genehmigung geklagt. Er bündelt für eine Krankenklasse die Nachfrage und stellt dafür Rechnungen mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % – zu demselben Satz also, mit dem diese Dispozentrale Leistungen bei den angeschlossenen Taxiunternehmern einkauft.

Prompt korrigierte das Finanzamt den anzuwendenden Steuersatz auf die Regelhöhe von 19 %. Schließlich sei der Rechnungssteller nicht als Verkehrsunternehmen anzusehen, mangels einer eigenen Beförderereigenschaft.

„So nicht“, urteilte der 1. Senat des FG. Entscheidend für die Steuerermäßigung seien die Beförderungsart in Verbindung mit der Obergrenze von 50 Kilometern Strecke. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin oder der von ihr eingeschaltete Subunternehmer eine „Konzession“ besitze. Krankenkassen, die Leistung stellvertretend für den Endverbraucher beschaffen, sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt, der Unterschied im Steuersatz ist also auch wettbewerbsrelevant.

Die ermäßigten Umsatzsteuersätze gelten nicht nur für den Taxi-, sondern auch für den ÖPNV/SPNV. Die Bundesregierung will an diesem Steuervorteil derzeit nicht rütteln (ÖPNV aktuell 37/15).

Fundstellen: BVerwG, Urteil vom 27. August 2015, Az. 3 C 14.14, ÖPNV aktuell 31/15; FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 2. September 2015 zum Urteil vom 15. Juli 2015, Az. 1 K 772/15, Revision zugelassen.

 

Politik & Recht
Artikel Redaktion Bus&Bahn
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