Klare Netzstruktur, intelligente Beschleunigung: Busverkehre rücken in den Fokus

Mehr Qualität in den Busverkehr zu bringen: In großen wie in kleineren Städten laufen verschiedene Vorhaben, um diesem Ziel näherzukommen. Das zeigte die 2. NaNa-Konferenz „Hochwertige Bussysteme“, die am 27. Oktober 2020 als digitale Konferenz stattfand.

Auf der Angebotsseite steht eine klare Netzstruktur mit hierarchisierten Produkten im Mittelpunkt der Bemühungen. Als weitere deutsche Metropole wird Frankfurt am Main im kommenden Dezember Metro- und Expressbus-Linien einführen, berichtete Hartwig Meier, Bereichsleiter Planung bei der Regiegesellschaft traffiQ. Damit sollen verlässliche Angebotsstandards geschaffen und dem Kunden gegenüber deutlicher kommuniziert werden. So finden sich Metro- und Expressbus-Linien künftig auch im Netzplan des Schienenverkehrs wieder, kündigte Meier an.

Bereits umgesetzt ist das neue Liniennetz mit fünf Metrobuslinien in Osnabrück. Harald Schulte, Leiter Angebotsplanung der Stadtwerke Osnabrück, erläuterte, dass auch in einer „kleinen Großstadt“ wie Osnabrück mit 165.000 Einwohnern eine Hierarchisierung sinnvoll sei. Und nicht nur das: Schnellbuslinien können im ländlichen Raum um die Ballungsgebiete ein probates Mittel zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV sein. Im Rhein-Sieg-Kreis werden mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen fünf regionale Schnellbusse vorbereitet, berichtete Verkehrsplaner Christoph Groneck.

Dabei kam auch das Potenzial von On-Demand-Verkehren zur Sprache. So will der Rhein-Sieg-Kreis in Neunkirchen-Seelscheid sowohl einen fahrplanbasierten Ortsbus als auch ein vollflexibles On-Demand-Angebot einrichten. Die Planer erhoffen sich aus dem unmittelbaren Vergleich Erkenntnisse, welche Angebotsform besser in Anspruch genommen wird. Die daran anschließende Perspektive autonomer Fahrzeuge sprachen Tyll Diebold und Rebekka Mantel von der TU Hamburg an, die über erste Erfahrungen aus dem Projekt „Autonome Busse im Praxistest Lauenburg“ berichteten. Hier wurde eine anspruchsvolle Streckenführung erfolgreich realisiert, zugleich aber die Grenzen autonom operierender Fahrzeuge einmal mehr aufgezeigt.

Neben der Angebotsseite rückt vielerorts die Infrastruktur für den Bus in den Fokus. Thomas Werner, stellvertretender Leiter Bus und Verkehrstechnik der Münchner Verkehrsgesellschaft, berichtete über Beschleunigungsmaßnahmen für den Busverkehr. Neben klassischen Maßnahmen wie Busspuren und Beeinflussung der Lichtsignalanlagen werden in München inzwischen auch Fahrbahnbreiten und punktuelle Eingriffe in Ampelschaltungen für den Individualverkehr betrachtet – in jüngster Zeit auch zulasten von Pkw-Stellplätzen, die laut Werner lange Zeit als „heilig“ galten. Für differenzierte Maßnahmen warb denn auch Stadt- und Verkehrsplaner Stephan Besier, der exemplarisch Planungen aus Südtirol zur Beschleunigung des Busverkehrs zeigte. Neben kürzeren Fahrzeiten wird wie in München vor allem eine Verbesserung der Pünktlichkeit angestrebt.

Wie weit ein Vorrang für den Bus gehen kann, ohne gleich separate Busspuren zu bauen, demonstrierte Ramon Rey, Projektleiter Marktentwicklung Infrastrukturmanagement bei den Verkehrsbetrieben Zürich, anhand von Beispielen aus der Schweiz. Mit elektronischer Absicherung nutzen Busse etwa Spuren in Fahrbahnmitte wechselweise in beide Richtungen oder fahren gar auf der Gegenfahrbahn am Stau vorbei, während der Verkehr der Gegenrichtung solange zurückgehalten wird.

Diskussionen über die Aufteilung des Straßenraums bestätigten nahezu alle Referenten. Hier lägen noch große Potenziale für den Busverkehr, der Prozess sei politisch aber oft mühsam. „Über die Infrastruktur müssen wir uns nochmal unterhalten“, resümierte denn auch Harald Schulte aus Osnabrück die bisherigen Erfahrungen. (mb)

Vorträge und Aufzeichnung: Die 2. NaNa-Konferenz „Hochwertige Bussysteme“ fand erstmals als digitale Konferenz statt. Der Zugriff auf die Vorträge und die Aufzeichnung der Konferenz kann auch im Nachgang unter www.busundbahn.de/bussysteme2020 erworben werden.

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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