Mittelstand diskutiert Disruption der Verbünde

Wie das Beispiel der „Garagenfirmen“ Microsoft, Google und Facebook lehrt, sind Start-ups durchaus in der Lage, etablierte Marktteilnehmer mit ihren Innovationen vor sich herzutreiben.
Aus unserer Branche wären hier beispielsweise die jungen Fernbusverbünde zu nennen, die längst
einem Branchenriesen wie der DB, aber auch den NE-Bahnen und den SPNV-Bestellern und nicht
zuletzt Verkehrskonzernen wie National Express (C2C) oder Postbus Respekt abgenötigt haben bzw.
noch abnötigen.
Auch Josef Brandner, Chef der Günzburger Unternehmensgruppe BBS, hat sich schon mit dem Geschäftsmodell solcher Disruptoren auseinandersetzen müssen, und zwar sehr konkret. Immerhin
versuchte BBS, eingebunden in den früher strikt eigenwirtschaftlich ausgerichteten Verbund BLB,
einen selbsttragenden München-Stuttgart-Express (MSX) zu etablieren – gegen Ende sogar in Vertriebspartnerschaft mit Flixbus.
Gehe der Einfluss auf einen der drei zentralen Faktoren Preis, Leistung und Vertrieb verloren, fragte Brandner seine Kollegen aus dem Mittelstand, müsse man sich fragen, „ob es noch Sinn macht, in einem Geschäftsfeld unternehmerisch tätig zu sein“. Deswegen sieht der der Mittelständler, der Verantwortung für eine Gruppe mit fünf Standorten und 400 Mitarbeitern trägt, „Portale“ überaus kritisch, da sie einen „Keil“ zwischen „Hersteller“ und „Kunde“ schöben.
Till Ackermann, beim VDV für den Bereich „Geschäftsentwicklung“ zuständig, hat die Gefahr erkannt und ist darauf in seinem Vortrag und in seinen Beiträgen im Rahmen der anschließenden Podiumsrunde sehr wohl eingegangen.
Die Machtfrage, so sagte Ackermann, stelle sich nämlich nicht zwischen Verkehrsunternehmen
hier und Verkehrsverbünden dort, sondern zwischen dem gesamten ÖPNV einerseits und
App-Anbietern wie Uber andererseits. „Das Smartphone wird die Mobilität“, ist Ackermann überzeugt.
Nur gemeinsam könne es gelingen, den Abstieg der Leistungserbringer zu Lohnkutschern
abzuwenden.
Damit bestätigte der VDV-Vertreter jedoch indirekt eine Erkenntnis, die Brandner zwar nicht
ausgesprochen hat, die seinen Ideen jedoch offensichtlich zugrunde liegen: Der Feind des guten Algorithmus („ein Tarif, ein Fahrplan, ein Fahrschein“) ist der bessere Algorithmus („ein Klick“).

 

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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