Wer A wie Chemnitzer Modell sagt, muss auch B wie PBefG-Novelle sagen

Findet jedenfalls Uber. Auf den Kasseler Nahverkehrstagen kündigte die DB an, mehr smarte Bedarfsverkehre anzubieten, zum Beispiel in Frankfurt. Der Staatskonzern lädt Kommunen und Aufgabenträger zur Kooperation ein. Eine ähnliche Strategie verfolgt auch Uber. Frisch geläutert, wirbt der US-Anbieter um eine innovationsfreundliche Anpassung des deutschen Rechtsrahmens.

Uber hat Interesse an Partnerschaft und Dialog mit der ÖPNV-Branche. Das hat Roland Werner, Cheflobbyist der deutschen Landesgesellschaft, am 22. September auf den Nahverkehrstagen Nordhessen signalisiert. „Wir haben unsere Lektion gelernt und uns neu aufgestellt“, sagte er mit Blick auf vergangene juristische Auseinandersetzungen und die Skandale im Mutterkonzern. Es laufe in den Anfangsjahren eben „manches wilder als bei eingesessenen Unternehmen“, sagte Werner, der unter Sven Morlok (FDP) Staatsekretär für Wirtschaft und Verkehr in Sachsen war. Aus heutiger Sicht wäre eine zurückhaltendere Vorgehensweise wohl zielführender gewesen, gab er sich geläutert.

Gleichwohl sieht Uber Änderungsbedarf am PBefG. So sei das in anderen Ländern von Uber erfolgreich betriebene Fahrtenpooling bei uns verboten. Werner hält dies für „umweltpolitisch spektakulär“, ebenso die Rückkehrpflicht zum Betriebssitz. Denn damit seien Mietwagen-Leerfahrten zwingend verbunden. In der Taxi- und Mietwagenbranche wird dies vollkommen anders gesehen. Ihr Verband BZP erwartet bei Wegfall der Rückkehrpflicht einen permanenten Fahrgast-Suchverkehr zu Lasten von Umwelt und Verkehrsfluss. Uber-Lobbyist Werner illustrierte den PBefG-Novellierungsbedarf mit Verweis auf eine erfolgreiche sächsische ÖPNV-Innovation: Auch beim Tram-Train-Projekt „Chemnitzer Modell“ hätten sich verschiedene Regelwerke nur schwer vereinbaren lassen. Nach eigenen Angaben sieht Uber sein Wachstumspotenzial eher in der Alternative zum klassischen Individualverkehr denn im Angriff auf das Taxi- und Mietwagengewerbe. Werner beschreibt Uber als Bindeglied zwischen Individualverkehr und öffentlichem Verkehr. Mit einer intelligenten Weiterentwicklung könne die Effizienz verbessert werden, namentlich durch höhere Besetzungsgrade. Dazu führte Werner in seinem Kasseler Vortrag Wechselwirkungen mit Bus und Bahn aus. So seien 25 bis 30 % der Uber-Fahrten ÖPNV-Zu- bzw. Abbringer, beispielsweise in Paris ab den Metro-Endpunkten in die Region. In London wiederum habe man nach der Einführung nächtlicher U-Bahnen weniger Fahrgäste im Stadtzentrum aufgenommen, aber mehr an den Außenästen. Drittes Beispiel von Werner für die sinnvolle ÖPNV-Ergänzung durch Uber ist die zeitliche Nachfrageverteilung. In europäischen Städten sei sie nachts am höchsten, dann also, wenn Bus und Bahn höchstens vermindert unterwegs seien.

Das autonome Fahren wird die Zukunft sein: Darin war sich Roland Werner mit Florian Krummheuer von DB Bus einig. Krummheuer ist beim staatlichen Buskonzern seit 2012 Geschäftsentwickler, hat dort unter anderem das „Flinc“-Projekt betreut. In Kassel ging er einen Schritt weiter als sein Vorredner von Uber: Nicht „Mobilität on demand“ führe zur Disruption, sondern erst das autonome Fahren. Entscheidend für eine neue Wettbewerberstruktur sei der Wegfall der Fahrerkosten.

Für die DB gilt inzwischen die Devise: „Nie wieder Fernbus!“. Wie Krummheuer offenbarte, will der Konzern nicht noch einmal von einer (smarten) Marktentwicklung überrascht werden. Dafür verstärkt die DB ihre Aktivitäten mit einer Start-up-Struktur. Im Oktober soll sie unter neuem Namen an den Markt gehen. Dann wird zum Beispiel ein On-demand-Dienst in Frankfurt starten, um DB-Standorte zu verbinden. Für diesen Zeitraum stellte Krummheuer außerdem die Inbetriebnahme des autonomen Kleinbusses in Bad Birnbach in Aussicht.

Demnächst will zudem die DB-Beteiligung Clever-Shuttle in drei weiteren Großstädten loslegen, neben Frankfurt auch in Stuttgart und Dresden (NaNa-Brief 37/17). Als evolutionären Zwischenschritt auf dem Weg zum öffentlichen Individualverkehr (IOV) sieht die DB ihren Ansatz, die bisherigen bedarfsorientierten Verkehre „von der Resterampe zum attraktiven Produkt“ zu entwickeln. Mit der App „Wohin du willst“ wird die Bestellung solcher Angebote in die Beauskunftung und Buchung integriert.

Das sei kein großer Wurf, räumte Krummheuer ein. Gleichwohl war der Lerneffekt für die DB sehr hilfreich, gepaart mit einem konkreten Nutzen für die Kunden. Wie Uber bietet auch die DB den anderen ÖPNV-Akteuren eine enge Zusammenarbeit bei neuen Mobilitätslösungen an. Zugleich stellte Krummheuer den Vorteil des verkehrsroten Konzerns heraus: Die DB könne solche Lösungen bundesweit skalieren, machte er auf den Nahverkehrstagen Nordhessen deutlich. (mb/msa/NaNa Brief)

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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