Digitalisierung ohne Strategie?

Eine Befragung unter Führungskräften der Branche zeigt Diskrepanzen zwischen theoretischer Einschätzung und praktischer Umsetzung auf.

Drei von vier Entscheidungsträgern sehen Handlungsbedarf bei der Digitalisierung öffentlicher Verkehrsunternehmen, aber 60 Prozent der Befragten beklagen einen Mangel an Umsetzungskompetenz und verfügbarem qualifizierten Personal. Jeder fünfte gibt an, dass in seinem Unternehmen noch keine konkreten Digitalisierungsprojekte geplant sind, und 15 Prozent haben sich mit den Folgen der Digitalsierung auf das eigene Geschäftsmodell noch nicht beschäftigt. Dies sind zentrale Ergebnisse einer qualitativen Online-Befragung, die das Ingenieurs-, Planungs- und Managementberatungsunternehmens Ramboll gemeinsam mit dem Deutschen Verkehrsforum unter ÖPNV-Entscheidern durchgeführt hat. Angeschrieben wurden rund 500  Personen, in die Analyse flossen 68 zurückgesandte Fragebögen ein.

Die Ergebnisse zeigten, dass es noch keine klaren Strategien für die Digitalisierung des ÖPNV gebe. Zwar würden drei von vier Befragten Digitalisierung als Topthema bezeichnen, das zu weitreichenden Veränderungen im Nahverkehr führen werde. Doch hapere es an der Umsetzung, wenn auch offenbar nicht an der Erkenntnis. Denn kein Befragter sieht den ÖPNV bei der Digitalisierung des ÖPNV an der Spitze. 63 Prozent sagen vielmehr, der ÖPNV hinke anderen Branchen hinterher. Ebenfalls 63 Prozent der Befragten sehen die grundsätzlichen Chancen, die die Digitalisierung für das eigene Geschäft bieten könne, und immerhin 45 Prozent trieben sie auf der Projektebene auch voran. Aber es fehle häufig noch an einer klaren Strategie, schlussfolgert Ramboll.

Weitere Themen der Befragung waren Vernetzung der Verkehrsträger und der Einsatz automatisch fahrender Fahrzeuge im ÖPNV. Die weit überwiegende Mehrheit (81 Prozent) glaubt, eine intelligente Vernetzung erhöhe die Attraktivität des ÖPNV, 71  Prozent sehen erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Verkehrsleistung, wenn der klassische Linienverkehr und neue Sharing- und Pooling-Modelle ineinandergriffen. Gut zwei Drittel der Befragten glaubt, dass in den nächsten zehn bis 15 Jahren autonom fahrende Fahrzeuge menschengeführte Fahrzeuge zunehmend ersetzen und einen nennenswerten Anteil im ÖPNV erreichen werden. Allerdings gelte es, rechtliche und technische Probleme zu lösen und das Vertrauen der Fahrgäste zu gewinnen. (lk/NaNa)

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Artikel Redaktion Bus&Bahn
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